Kurz vor der Landtagswahl in Bayern und vor dem Hintergrund eines weltweiten Klimas für die reaktionäre und repressive Herangehensweise an gesellschaftliche Fragen, will die Bayerische Staatsregierung aufs Neue der Vorreiter in Sachen autoritärer Staat sein. Es ist zu Befürchten, dass dem weitere Bundesländer folgen und dass das Gesetz als Einladung für den fortgesetzten Abbau von bürgerlich-demokratischen Rechten interpretiert wird.
Mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz (PAG) Bayern bekommt der Staat, respektive seine Verfolgungsbehörden, noch weitergehende Möglichkeiten als bisher die demokratische Grundrechte und die persönlichen Rechte des Einzelnen, nach gut Dünken zu ignorieren. Seit der Befreiung vom Faschismus hat es in Deutschland keine polizeilichen Befugnisse in dieser Größenordnung mehr gegeben. Allerdings kann es nicht nur darum gehen den aktuellen PAG-Gesetzentwurf zu verhindern sondern es müssen bereits gültige Gesetze, wie die im letzten Jahr beschlossene Einführung der „drohenden Gefahr“ und der möglichen Unendlichenkeitshaft, zurück genommen werden.
Die größte Gefahr für die demokratische Gesellschaft und den Rechtsstaat geht dabei weniger von der technischen Aufrüstung der Polizei aus als eher von einem Paradigmenwechsel im Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Der Staat und seine Organe werden nicht mehr als Vehikel der Gesellschaft verstanden, sondern als ein eigenständiger Organismus, der sich zum Selbstzweck vor allem Möglichen schützen muss. Der Bürger wird als potentieller Feind der herrschenden Ordnung gesetzt und seine Rechte als zweitrangig gesehen. Für die Einstufung als Gefährder*in reichen dann, gemutmaßte, zukünftige, vielleicht eintretende Gefahren – die Unschuldsvermutung kehrt sich in ihr Gegenteil, die Schuldvermutung.
Wenn Menschen auf Grund ihres Gedankenguts verfolgt und auf unbestimmte Zeit weggesperrt werden, wenn Leute eingekerkert werden weil sie unbeteiligt in der Nähe einer Straftat waren, wenn Bürgern rundum überwacht werden, oder wenn geheimdienstlich Daten verändert werden dürfen, dann, ja dann ist die viel bemühte Dystopie des totalitären Staates nicht mehr weit.
Die Gewerkschaften sind davon unmittelbar betroffen. Sie sind die Interessensvertretung der arbeitenden Bevölkerung. Als solche stehen sie der reibungslosen Profitmaschinerie, dem Kern des bürgerlich-kapitalistischen Staates, entgegen. Ihre politische Arbeit steht somit unter dem Vorbehalt der „drohenden Gefahr“. Und die reicht aus, um den Polizeiapparat zuschlagen zu lassen.
Als Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft München organisieren wir Pädagog*innen jeglicher Couleur und wirken politisch auf gute Entwicklungsbedingungen aller hin. Wir sind überzeugt davon, dass von Bestehendem abzuweichen und es zu hinterfragen keine zu bestrafende Ketzerei ist, sondern Entwicklung erst möglich macht. Eine stabile, prosperierende Gemeinschaft erreicht man dauerhaft nicht mit Repression sondern nur mit Solidarität, Freiheit und Gleichheit.
Deshalb, und trotz unserer Kritik am Bestehenden, stellen wir uns vor den liberalen Rechtsstaat, gegen autoritäre Scharfmacher, Reaktion und rechte Menschenfeinde. Und wir rufen alle unsere Mitglieder dazu auf die Proteste gegen das neue PAG Bayern zu unterstützen und darüber hinaus aktiv zu werden.
Wehret den Anfängen! Keiner kann behaupten er/sie hätte nichts gewußt!
Beteiligt Euch an der Demonstration am 10. Mai 2018 in München!
Weitere Infos: https://www.nopagby.de/